Bildauschnitt historisches Rathauses in Walldürn mit Fachwerk

Stadtnachricht

Jahresabschlussrede des Bürgermeisters
anlässlich der Gemeinderatssitzung am 12.12.2022


Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Weihnachten hat viele Traditionen und jeder hat so seine typischen Dinge, die er mit dieser Zeit verbindet. Für die meisten gehören Lieder genauso dazu wie Plätzchenduft, Glühwein oder der Gang in die Kirche am Heiligen Abend.

Und eine weitere Tradition ist es, dass man als Bürgermeister der Stadt Walldürn einen Rückblick auf das vergangene Jahr hält.

Zuvor möchte ich die heutige Gelegenheit nutzen, allen Walldürnerinnen und Walldürnern zu danken, die sich im vergangenen Jahr für ihre Mitmenschen eingesetzt haben. Es gibt viel bürgerschaftliches Engagement in unserer Stadt und in unserem Land, mehr, als man manchmal meint, wenn soziale Kälte oder Kriminalität die Schlagzeilen beherrschen. Die Menschen, die sich für karitative Organisationen, in Vereinen oder in der Nachbarschaftshilfe engagieren, machen keine Schlagzeilen – sie machen einfach das, was sie für richtig halten oder als nötig empfinden. Sie bewegen etwas in Sport oder in der Kultur, sie helfen Bedürftigen oder verschaffen anderen ihr Recht.

Ein Wort des Dankes darf ich aussprechen den Verantwortlichen in Industrie, den Geschäftsleuten, all unseren Verbänden und Institutionen, unseren Schulen, Kirchen, der Bundeswehr, den in der Stadt angesiedelten Landes- und Bundesbehörden, unseren Ortschaftsverwaltungen und Ortschaftsräten, der städtischen Verwaltung, unserem Bauhof, Forst, Stadtwerke und Geriatriezentrum, aber nicht zuletzt besonderen Dank dem Gemeinderat und den Ortsvorstehern für das Zusammenwirken zum Wohle unserer gesamten Bevölkerung in den vergangenen zwölf Monaten.

Sie alle, und vor allem unsere Unternehmen in der Gastronomie und der Hotelerie haben sehr unter der Pandemie gelitten. Bundesweit gab es nur die eine digitale Erleichterung über die Luca-App, die Initiative eines ehemaligen Walldürner Bürgers und seines Unternehmens, nämlich Patrick Hennig. Darauf sollten wir als Walldürner sicherlich auch stolz sein.

Danken möchte ich heute bereits auch allen Menschen, die an den Feiertagen arbeiten und für uns selbst am Heiligen Abend den Betrieb aufrechterhalten. Den Busfahrern und Feuerwehrleuten, den Ärzten und Pflegekräften, unseren Männern vom Bauhof und den Stadtwerken. Und nicht zuletzt allen Menschen, die sich gerade an Weihnachten um andere, um Bedürftige oder Alleinstehende kümmern.

Lassen Sie mich nun einige wenige markante Punkte herausgreifen, die uns im Jahr 2022 positiv bewegt bzw. mit denen wir große Erfolge und Ziele errungen haben.

Wie bereits in den vorausgegangenen vier Jahren, mussten wir auch im Jahr 2022 keinen neuen Kredit aufnehmen. Zum Jahresende erreichen wir einen seit fast 30 Jahren historisch niedrigen Schuldenstand.

In den vergangenen zwölf Monaten haben wir mehr als 1,1 Mio. Euro an Krediten zurückgezahlt. Unser planmäßiger Schuldenstand liegt nun mit 9,5 Mio Euro, somit erstmals seit 1993, unter der 10 Mio. Euro-Marke. Die Pro-Kopf-Verschuldung ist inzwischen auf 821 Euro gesunken.

Und dies alles, obwohl wir im vergangenen Jahr 8,7 Mio. Euro Umlagezahlungen an den Landkreis getätigt haben. Hinzu kommen noch weitere 8,3 Mio. an FAG-Umlagezahlungen, welche wir aufgrund des finanzstarken Jahres 2020 heuer entrichtet haben. Und zu guter Letzt mussten wir im Jahr 2022 noch auf 4 Mio. Euro an Schlüsselzuweisungen verzichten. Das sind summa summarum 21 Mio. Euro, welche wir dieses Jahr nicht für unserer Bürgerschaft zur Verfügung hatten.

Ich denke Schuldenabbau und Umlagezahlungen in dieser Höhe sind ein Beweis dafür, wie außerordentlich gut wir gemeinsam mit unserem Haushalt gewirtschaftet haben.

Schuldenabbau ist meines Erachtens der Inbegriff einer nachhaltigen Politikstrategie. Wir dürfen weder in der Schuldenpolitik noch in der Klimapolitik das Ausbaden unserer jetzigen Fehler auf unsere nächste und übernächste Generation verschieben. Diese Erkenntnis wünsche ich mir bei den jetzt politisch Verantwortlichen, die diese Strategie gerade im Hinblick auf die vielfältige Verschuldung derzeit nicht einmal ansatzweise beherzigen.

Die Entwicklung unserer Bevölkerung in Walldürn ist erfreulich. Walldürn kann weiterhin einen Zuwachs verzeichnen, auch wenn das Statistische Landesamt und unser Melderegister – wie bei jeder anderen Kommune – Unterschiede aufweisen. Nach den Aufzeichnungen unseres Bürgerbüros haben wir aktuell 12.016 Einwohner in unserer Stadt.

Nach zwei einschneidenden Jahren der Pandemie, konnten in diesem Jahr wieder die ersten Veranstaltungen durchgeführt werden.

Hier möchte ich Ihnen exemplarisch den Naturparkmarkt Ende März, das Dürmer Blummefeschd und das Dürmer Lichderfeschd sowie den Dürmer Feierabend oder die Feierlichkeiten des Jubiläums in Rippberg in Erinnerung rufen. Veranstaltungsformate, mit welchen wir dieses Jahr sehr erfolgreich waren.

Unsere Großbauprojekte mit den Grundschulen in Walldürn und Rippberg, dem Stadt- und Heimatmuseum mit der Tourist- und Freizeitinformation schreiten voran. Nicht verschweigen möchte ich an dieser Stelle jedoch, dass wir hier auch die Auswirkungen des russischen Angriffkrieges gegen die Ukraine zu spüren bekommen. Bei fast allen Maßnahmen und für fast alle Gewerke sind die Kosten förmlich explodiert. Hier mussten wir im vergangenen Jahr die ein oder andere Ausschreibung aufheben.

Umso erfreulicher ist es, dass wir im Frühjahr die Einweihung der neuen Atemschutzübungsanlage feiern konnten. Nach über drei Jahrzehnten entsprach die Anlage nicht mehr dem Stand der Technik. Nun können wir dort wieder einen optimalen Betriebsablauf gewährleisten. An unserem Rettungswesen wollen und dürfen wir nicht sparen. Um so mehr bin ich dafür dankbar, dass dieses Projekt mit großer finanzieller Unterstützung des Landkreises erneut am bereits bewährten Standort Walldürn umgesetzt werden konnte.

Ein weiteres, für mich persönlich wichtiges Ereignis des vergangenen Jahres, war das Wiederaufstellungsappell im Munitionslager Altheim. Mussten wir hier doch in der vergangenen Dekade so manche Gefühlslage in Bezug auf das einstige Depot durchleben. Wir entwickelten Nutzungskonzepte, führten Gespräche mit der Bundeswehr und der Agentur für Arbeit. Ebenso wie mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Eigentümerin der über 100 ha großen Fläche in Altheim.

Die Bundeswehr ist seit Ende der 50er Jahre ein wichtiger Faktor in Walldürn und dem gesamten nord-badischen Raum. Bei alle den Ideen und Gesprächen über die Verwendung des Areals, ist und bleibt die ursprüngliche Aufgabe die Beste Lösung – ganz egal ob am Wortende „Depot“ oder „Lager“ steht.

Beflügelt von der Idee, in direkten Begegnungen von Mensch zu Mensch für internationale Verständigung und Zusammenarbeit zu wirken, fanden sich im Jahr 1970 einige Menschen aus Montereau und Walldürn zusammen, um eine Städtepartnerschaft ins Leben zu rufen. Das war damals – 25 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - ein mutiger, ein weitsichtiger und ein noch ungewöhnlicher Schritt.

Und heute können wir sagen: Es war ein richtiger Schritt. Die Partnerschaft zwischen Montereau und Walldürn hat Erfolgsgeschichte geschrieben. Aus Partnern sind Freunde geworden. Etwas Schöneres lässt sich über eine Städtepartnerschaft wohl kaum sagen.

Und so feierten in diesem Jahr beide Städte, die nun seit über 50 Jahren bestehende Städtepartnerschaft zwischen Montereau und Walldürn.

Ein Rückblick ist das eine, wir können aber auch positiv und mit Vorfreude auf die Zukunft unserer Stadt blicken. Viele Unternehmen haben erkannt, in Walldürn lässt es sich gut investieren. Wohnbauprojekte, ein Ärzte- und Dienstleistungszentrum, Industrieansiedlungen von „Hidden Champions“ oder wichtiger weltweit agierender Unternehmen im Bereich der Kreislaufwirtschaft bauen derzeit oder deren Investitionen stehen bevor und wir bereiten uns darüber hinaus auf neue innovative Projekte der städtischen Wärmeplanung, wie die Möglichkeit der Versorgung eines neuen Wohngebietes mit einen bidirektionalen Kalt-Wärme-Netzes vor.

Dies sind nur kleine Bausteine einer nachhaltigen Zukunftsplanung für unsere nächste Generation.

Allerdings darf ich trotz des Bewusstseins, das wir positiv in die Zukunft blicken können, auch meine eigene Enttäuschung Ausdruck geben, dass nicht alles was ich mir erwünschte und das sich aus der Erfahrung der letzten Jahre heraus, als ganz wichtige Weichenstellung ansehe, bei unseren Fraktionen des Gemeinderates auf Gegenliebe stößt und die Projekte endgültig ausgebremst werden. So will zum Beispiel ein Investor ein Inklusionshotel mit 49 Zimmern in unserer Kernstadt bauen und unser Beitrag wäre ausschließlich, dass wir uns mit einem tollen für diese Zwecke hervorragend geeigneten Grundstück beteiligen. Schade, dass unsere Fraktionen trotz städtebaulicher Förderung dies genauso wenig unterstützen wie die Idee eines neuen zentralen permanent verfügbaren Sitzungssaal mit dem wir unseren Vereinen keine Trainingszeiten mehr wegnehmen müssten und künftig vor allem die hochwertige Arbeitskraft unserer Verwaltungsmitarbeiter schonen würden.

Der Notstand in der Energieversorgung wird uns leider noch länger begleiten. Das heißt natürlich, dass wir zusammen alles ausloten müssen, wie wir unsere Lebensqualität aufrechterhalten können. Ohne Abstriche wird das nicht ausgehen. Auch ich als Bürgermeister kann Ihnen sicherlich nur „Blut, Schweiß und Tränen“ in den nächsten Monaten und Jahren bieten, wie dies einmal Winston Churchill in einer Radiorede während des 2. Weltkrieges seiner Bürgerschaft ankündigte!

Wir alle leben in einer Zeit, in der es mehr denn je darauf ankommt, Solidarität zu üben. Jeder muss sich auf sein Leistungsvermögen und auf seine Verantwortung für sich, für andere und für das Ganze besinnen.

Viele Menschen haben in den vergangenen Monaten ein Anspruchsdenken entwickelt, das unserer Gesellschaft schadet. Wir werden uns von diesem Anspruchsdenken verabschieden müssen, wenn wir unsere Gesellschaft langfristig aufrechterhalten wollen. Jeder Einzelne ist jetzt gefordert!

Ich hoffe, dass mit Weihnachten, dem anstehenden Fest des Miteinanders und der Güte, etwas Ruhe einkehrt.

Jede Stadt lebt davon, dass sie von ihren Bürgerinnen und Bürgern getragen wird. Soziale Wärme kann es nur geben, wenn die Menschen über den eigenen Tellerrand hinaussehen und sich für andere engagieren. Freiwilligenarbeit und ehrenamtliches Engagement, wie sie bei uns anzutreffen sind, bedeutet Lebensqualität - und das für Alle!

Um die Probleme lösen zu können, die im neuen Jahr wieder auf uns zukommen werden, brauchen wir alle dazu den guten Willen.

Den Walldürner Bürgerinnen und Bürgern sowie allen ehemaligen Walldürnerinnen und Walldürnern im In- und Ausland gelten meine guten Wünsche für ein friedvolles Weihnachtsfest und ein gesundes, erfolgreiches neues Jahr 2023.

^
Redakteur / Urheber
Amt für Öffentlichkeitsarbeit - MD